Tierschutzprozess in Wien und Hexenprozess

  • Gesendet: Montag, 02. April 2012 um 23:19 Uhr
    Betreff: "Umwelt- und Tierrechtsextremismus",
    Frage an die u. Antwort von der Regierung
    "Tierschutz ist keine Liebhaberei, sondern eine ernste, sittliche
    Pflicht im Interesse des Volks, des Staates und der Menschlichkeit."
    Manfred Kyber
    Der Staat und die Tierschützer-Jäger des Systems kennen diesen Satz
    nicht.


    Die verwechseln die angeblichen Terroristen mit sich selbst. England
    und USA sind schon seit Jahrzehnten dort, wo Deutschland u. die gesamte
    EU noch hinkommen wollen. Österreich hat schon mal einen Vorgeschmack
    mit seinem "Prozessoid" gegeben, viel Spaß beim Lesen:


    Tierschutzprozess und Hexenprozess


    Max Siller (Innsbruck)


    Wiener Tierrechtskongress 2011,


    Samstag, den 10. Dezember gegen 19:30 Uhr


    Abstract: Viele Elemente und Motive des Wr. Neustädter
    Tierschutzprozesses von 2010-2011 weisen von seinem Beginn über die
    Durchführung bis zum Finale deutliche Parallelen zum mittelalterlichen
    und
    frühneuzeitlichen Hexenprozess auf. Im Vergleich werden die absurden
    und
    grotesken Aspekte dieses vom österreichischen Innenministerium
    juridisch
    angelegten Versuchs, missliebige Personen aus dem Weg zu räumen, noch
    deutlicher.


    1. Vorspruch


    Meinem Facebook-Freund Herrn Erich Hartig verdanke ich folgenden
    Hinweis:
    Am 11. Dezember 1671, also morgen vor 340 Jahren, wurde die Kräuterfrau
    Affra Schick von Bromberg als Opfer der Hexenverfolgung in Wiener
    Neustadt
    auf dem Scheiterhaufen verbrannt (vgl.
    http://www.religionen.at/irschick.htm).


    2. Einleitung


    Es besteht kein Zweifel: Der österr. Tierschutz-Verfolgungsskandal und
    seine Vorgeschichte haben historische Dimensionen – in mehrfacher
    Hinsicht. Die Dokumentation dieser Causa, schon wie sie bisher
    vorliegt,
    erregt weltweit Kopfschütteln, Abscheu und Empörung. Der gerade
    angelaufene Dokumentarfilm „Der Prozess“ von Gerald Igor
    Hauzenberger lässt das wahre Ausmaß und die Ekel erregenden
    Hintergründe
    dieser österreichische Justiz-Katastrophe einigermaßen erahnen. Die
    hilflosen (Nicht-)Reaktionen von Innen- und Justizministerium deuten
    auf
    düstere Abgründe!


    Der österr. Tierschutz-Verfolgungsskandal stellt, soviel kann man schon
    heute sagen, einen beunruhigenden demokratiepolitischen, ja einen
    zivilisationshistorischen Rückfall dar und weist so mit zahlreichen
    Parallelen in ferne Jahrhunderte, bis ins Mittelalter zurück. Den
    Historiker und Mediävisten erinnern die Geschehnisse in überraschend
    vielen Details an das Zeitalter des Hexenwahns und der Hexenprozesse.
    Und
    dies möchte ich in meinen folgenden Ausführungen zu zeigen versuchen.
    Ich
    beziehe mich dabei vor allem auf den relativ gut dokumentierten
    „Innsbrucker Hexenprozess“ von 1485 (IHP).


    3. Innsbrucker Hexenprozess von 1485


    Im Spätsommer des Jahres 1485 leitete der Dominikaner Heinrich
    Institoris,
    der Verfasser des berüchtigten “Hexenhammers”, in Innsbruck
    ein Massenverfahren gegen Hexen ein. Nach Erfolgen in Konstanz – er
    hatte (von 1481 bis 1486) 47 Hexenverbrennungen durchgesetzt (vgl.
    Hammes
    52) – hatte er (1484) am Hl. Stuhl (von Papst Innocenz VIII.) die
    sog. Hexenbulle erwirkt, die jeden Widerstand gegen sein Unterfangen
    unmöglich machen sollte. Jeder, der ihn bei der Verfolgung der
    haeretica
    pravitas behinderte, sollte, gleich welchen Standes, hart bestraft
    werden
    (vgl. Ziegeler 1973, 83).


    Der glühende Inquisitor und seine Gehilfen (drei seiner Ordensbrüder
    und
    ein Notar) predigten den Hexenwahn von den Kanzeln der großen
    Innsbrucker
    Kirchen und konnten daraufhin binnen kurzer Zeit über 50 denunzierte
    Personen ins Gefängnis werfen und verhören.

  • 4. Dämonologische Vorstellungen –„kriminelle
    Organisation“


    Institoris und seine Gehilfen beabsichtigen die Zerschlagung einer in
    ihren
    Augen teuflischen Vereinigung. Institoris geht von einer Art
    sektenhaftem
    Zusammenschluss von Teufelsdienerinnen (es betraf fast ausschließlich
    Frauen) von satanisch-zauberischer Art aus. Die Vorstellung von einem
    Zirkel von "Mitverschwörerinnen" führt zu einer beträchtlichen
    Ausweitung des Verdächtigtenkreises. Der Ketzerrichter, der gleich
    jedes
    Maß verliert, kann nach wenigen Wochen „de duabus societatibus
    maleficarum in oppido Ysbruck“ berichten, also von zwei
    Hexenvereinigungen. Auch von einer „confederatio facta
    dyabolica“, einem Teufelsbund also, ist die Rede (86), die noch, wie
    er bemerkt, durch Befragungen unter Folter („questionibus et
    tormentis“) detailliert erforscht werden sollte. (vgl. Ammann 47f.)


    damals — heute


    Am Anfang steht die Fiktion einer kriminellen Vereinigung, geglaubt
    oder
    künstlich konstruiert, damals einer ketzerischen, heute einer mafiösen
    Organisation. In beiden Fällen wird die öffentliche Sicherheit als
    gefährdet hingestellt (MB 145ff.). In Ibk ist bald jede Krankheit und
    jeder Todesfall auf Bezauberung zurückzuführen. Vom einfachen
    Handwerker
    bis zum Landesfürsten ist demnach niemand mehr sicher.


    Am 4. September 2008 veröffentlichte das ÖVP-Innenministerium eine
    Pressemeldung, laut der die angebliche „kriminelle
    Organisation“ der Tierschützer seit 1996 224 Straftaten begangen
    hatte. 62 dieser Straftaten –Brandstiftungen (9), Bombendrohungen,
    schwere Sachbeschädigungen, gefährliche Drohungen etc. – konnten
    laut Elmar Marent, dem geschäftsführenden Generaldirektor für die
    öffentliche Sicherheit (!), sozusagen einem „inner circle“
    zugeordnet werden, über den die U-Haft verhängt wurde.


    5. Konstruktion eines Bedrohungsfeldes und politisch-mediale Aufrüstung


    Den Ibker Hexenverfolgern ging es von Anfang an um eine breite
    Mobilisierung der Massen gegen die auszurottende Personengruppe. Stolz
    weist Institoris darauf hin, er habe selbst 15 Tage lang ununterbrochen
    tagtäglich gepredigt und in der Folge zwei Monate lang an allen
    Sonntagen
    auf der Kanzel gestanden (Ammann 40). Seine Bettelbrüder-Adlaten taten
    ein
    Gleiches. Wer sich dieser Campagne entzog, war als Hexen-SympathisantIn
    in
    Gefahr. Wer den Hexenrichter gar kritisierte oder beschimpfte, war
    schon
    für den Scheiterhaufen bestimmt. Wie etwa Helena Scheuberin, die beim
    Verhör mutig gestand, sie habe gesagt: „Wen fiert der düfel den
    münch enweg, er bredigt nüst dan ketzerei: das in das fallend übel
    [‚Fallsucht‘] in sein grawen schedil ange!“ Die tapfere
    Frau versicherte ihm, sie werde seine Predigten auch nach ihrer
    Freilassung
    nicht besuchen. Dazu vermerkt der Richter: Selbst wenn sie sonst für
    nichts anderes zu tadeln oder zu beschuldigen wäre, „hec tamen ipsam
    suspectam de heresi reddunt“, dies allein schon mache sie der Hexerei
    verdächtig (Ammann 40; vgl. 35f.).


    Die Hexenverfolger zielten also auf die Generierung einer negativen
    “publica vox et fama” (Ammann, 57) ab, sie versuchten in ihren
    Predigten bei den Menschen Angst und Misstrauen zu erzeugen, es sollte
    ein
    gefährliches Szenario der Bedrohung durch teuflische Hexen entworfen
    und
    eine Pogrom-Stimmung gegen sie erzeugt werden.


    Anfang April 2007 wurden bekanntlich von Unbekannten zwei Autos der
    Geschäftsführer von Kleider Bauer mit Farbe übergossen, worauf der
    ÖVP-Innenminister G. Platter angerufen wurde (zum Folgenden Balluch,
    160ff.). Sofort wurde mit Polizeispitzen ein Plan gegen
    TierschützerInnen
    entworfen, der vor allem die Mobilisierung der öffentlichen Meinung
    gegen
    den Tierschutz vorsieht: Zu dessen Diskreditierung wird der Fa. Kleider
    Bauer nahegelegt, ein mediales Sperrfeuer zu eröffnen: forcierte
    Kontaktaufnahme mit Medien, Zurschaustellung ihrer beschädigten
    Fahrzeuge
    und Publikation ihrer Hilferufe mit Medienaktionen nahe BMI und
    Bundeskanzleramt.


    Die willfährigen, predigenden Bettelmönche fanden sich nun auch hier,
    etwa in der Gestalt eines Florian Klenk, der im „Falter“
    (37/2008 vom 10.9.2008) jenen Artikel über den “Terror [sic] gegen
    Peter Graf” schrieb – ein schandbares Journaille-Produkt, das
    den Geruch der Kleiderbauer-Pelze verströmte. In weinerlichem Ton
    zitiert
    er im Vorspann den angeblich Terrorisierten: „Wir haben zwei Jahre
    still gelitten und auf den Schutz des Rechtsstaates vertraut.“
    Unbelehrbar ließ Klenk weitere Hetzartikel gegen die TierschützerInnen
    folgen (vgl. Balluch, 171), bis er im Dezember 2010 merkte, dass er auf
    der
    falschen Seite stand und dann zum Tierschutz-Prozess anmerkte: “Das
    läuft völlig aus dem Ruder”. Ich habe das seinerzeit den
    „KLENK-SCHWENK“ genannt.


    Ich erwähne noch Oliver Jaindl (vgl. Balluch, 207), der im
    „Kurier“ von „Saboteuren“ und
    „sichergestellten Beweisen“ spricht
    (http://www.vegan.at/forum/YaBB.pl?num=1212011373/15 – © 31.05.2008
    KURIER).


    Von dem armen Schreiberling Dr. Johann Überbacher will ich schweigen,
    der
    damals in dem kleingeistigen Propagandablättchen „Tiroler
    Woche“ regelmäßig von Terrorzellen, „extremst [!] radikalen
    Tierschützern in Innsbruck“, „die vor Anschlägen auf Leib und
    Leben nicht zurückschrecken“, schwadronierte. Weil wir M. Balluchs
    Publikation „Widerstand in der Demokratie“ vorstellten, sah
    Überbacher „die Universität von Sympathisanten unterwandert“
    (Balluch, 171).


    Am Rufmord, an den Verleumdungen und Unterstellungen, die das
    Innenministerium in Presseaussendungen zum Besten gab –
    Sachbeschädigungen, Brandstiftungen, Bombendrohungen und Gasangriffe
    (!)
    – beteiligten sich eifrig auch Medien wie etwa die OÖ Kronenzeitung
    (dazu s. Siller, Lage, 20; Balluch 172), die allerdings, nachdem von
    den
    ungeheuerlichen Beschuldigungen nichts übrig geblieben war, vom Wiener
    Oberlandesgericht zu einem Widerruf gezwungen wurde.


    Zur politisch-medialen Aufrüstung gehören im HP und im
    TS-Verfolgungsskandal neben den Mitteln Verleumdung, Lüge,
    Unterstellung,
    üble Nachrede eine hybrid-spektakuläre Inszenierung. Der polizeiliche
    Überfall mit martialischer Schießeisen-Ausrüstung,
    Kriegszustands-Vermummung und völlig deplazierten Wohnungserbrechungen
    sollte Legitimation und Insinuation der Gefährlichkeit gleichzeitig
    sein,
    jedenfalls eine latente und manifeste Kriminalisierung der
    TierschützerInnen und –rechtlerInnen. Hinter dieser öffentlichen
    „Dämonisierung“ steckte die agitatorische Absicht, gegen solch
    gefährliche Individuen den „Volkszorn“ – ich verwende
    bewusst diesen anrüchigen Begriff – zu erwecken. Die brutale
    Operation sollte selbstverständlich – System
    „Hexenhammer“! – einschüchternde und terrorisierende
    Wirkung auf alle NGOs und NPOs haben.


    6. Die Anklage: malefiziöses Deutungsparadigma


    Den Protokollen des Innsbrucker Hexenprozesses ist zu entnehmen, dass
    Beschuldigungen und Anklagen meist auf Gerüchten basierten. Diesen
    wurde
    Beweiskraft beigemessen.


    Ein schiefer Blick konnte genügen. Ein typisches Muster besteht darin,
    dass die Angeklagte beschuldigt wird, wilde Drohungen ausgesprochen zu
    haben. Dazu notiert der Inquisitor: „Dies hörten auch zwei, bereits
    verstorbene Weiber.“ (Ammann, 43). Spontane Äußerungen werden aus
    dem Kontext der jeweiligen direkten Interaktion gerissen und zu Angst
    erzeugenden diabolischen Verwünschungsformeln hochstilisiert, denen
    verheerende Folgen – meist Krankheit oder Tod – zugeschrieben
    werden.

  • Er hat sich von einer früheren Krankheit erholt gehabt, aber im letzten
    Fasching sich wieder unwohl gefühlt, nachdem er bei der Angeklagten (Scheuberin)
    zum Essen eingeladen war. Also hat diese ihn „zum Tode
    verzaubert“ (36), da sie auch sonst verdächtig, übel beleumdet und
    sexuell freizügig sei – „ymo et regula generalis est, quod
    omnes malefice a iuventute carnalitatibus et adulteriis servierunt
    variis,
    prout experiencia docet“ (‚der Fleischeslust und dem Ehebruch
    frönen, wie die Erfahrung zeigt‘; Ammann, 39f. und passim)


    Trenlin Rötfelders dirn ist in argwon [‚steht im Verdacht‘],
    daz sy den küen die milch nimpt. wen ein person, der die milch genummen
    wart, gelernt, daz sy den milchkübel yber das für [Feuer] hencken solt
    und solt den slahen in des tüfels namen, so müst die Person kummen.
    Also
    gescha es, daz die person kam weinen und gehůb sich übel
    (‚unter Tränen und es ging ihr schlecht‘; Ammann 1890, 20).


    Also: Jemand hat eine unerklärliche Krankheit, ein Todesfall – das
    muss von den übelbeleumdeten „Hexen“ verursacht sein; die
    Kühe geben zu wenig Milch – schuld sind die „Hexen“; ein
    Mann ist impotent – und wer ist schuld…?


    Diese Anklagepunkte könnten von der SoKo Kleiderbauer stammen: Ein
    Brand
    in einer Daunenfabrik, laut Sachverständigen kein Hinweis auf
    Brandstiftung – laut Soko und StA Handler Tierschutz-motivierte
    Brandstiftung!


    Ein Kabelbrand in einem Geflügelhof – das waren sicher
    TierschützerInnen!


    Diesen Typus blindwütiger Unterstellungen kann man nur noch sarkastisch
    kommentieren. Bei der Einvernahme Martin Balluchs zitiert Handler aus
    dessen konfisziertem Notizbuch: “Da steht ‘Lischka tot’
    in ihrem Kalender [– für Handler natürlich nicht vorstellbar, dass
    man den Tod eines Hundes notiert –]. Was bedeutet das?” –
    Balluch: “Ich bin wahrscheinlich der Mörder.” (vgl.
    http://tierschutzprozess.at/ap…em-gerichtssaal/#more-363).


    Wer die Beschuldigungen gegen die Hexen liest, schüttelt den Kopf –
    wer z.B. jene gegen den Tiroler Künstler Chris Moser liest, greift sich
    ans Hirn:


    · Er sei Kampagnenleiter des VGT [scil. Verein
    gegen Tierfabriken] in Tirol gewesen


    · Er habe am 20. Jänner 2007 in Innsbruck einen
    Vortrag gehalten


    · Er hätte im November 2004 eine Legebatterie
    besetzt


    · Er wäre seit 2002 in der Entwicklung von
    Strategien gegen die Jagd engagiert


    · Er hätte Flugblätter gegen die Jagd zu Hause
    gelagert


    · Er hätte ausländische TierschützerInnen bei
    sich übernachten lassen


    · Er hätte einen Vortrag eines englischen
    Buchautors organisiert


    · Er hätte sich an der Organisation der Animal
    Liberation Workshops des VGT beteiligt


    Die Punkte stammen übrigens nicht alle aus dem Tierschutzdossier, das
    – wie nett! – die Fa. Kleider Bauer der Soko – gratis und
    frei, vermute ich – lieferte (vgl. Balluch 160f.). Für einen solchen
    Wust von antidemokratischen Albernheiten müssen viele Köpfe
    zusammenarbeiten. Ja, eine solche Anklage ist für kühle BeobachterInnen
    ein Schildbürgerstreich, für besorgte BürgerInnen die Apokalypse des
    Rechtsstaats.

  • Zu einer ordentlichen Hexenvereinigung gehört ein ordentlicher
    Hexensabbat, wo Kinder gesotten und dem Satan sein Anus geküsst wird.
    Solche suspekten Zusammenkünften musste es natürlich auch in der
    modernen
    österreichischen Variante geben. So schickte also die Soko die berühmte
    verdeckte Ermittlerin mit den TierschützerInnen in die Lokale oder auf
    einen internationalen Kongress in Holland, wo die Verbrechensplanung
    stattfinden würde. Leider konnte Danielle Durand ihrem Führer Wappel
    – welch ein Name! – nichts von Teufelsbuhlschaft berichten
    (allenfalls, wie schön es mit einem Veganer sein kann…). Und auch
    kein Geschäftsführer von Kleider Bauer wurde bei solchen
    „Geheimtreffen“ in Salzsäure aufgelöst, wie es gute
    Mafiapraxis verlangte…


    8. Hexenbüchlein – Verschlüsselung


    Aber es gab ja genügend andere Verbrechen, z.B. die Verschlüsselung der
    PCs. Hexenbüchlein müssen bekanntlich rückwärts gelesen werden. Ob das
    der Soko oder ihrem um 50.000 € mit unseren Steuergeldern bezahlten,
    verwirrten Hobby-Linguistik-Pensionisten Schweiger gelungen wäre, lässt
    sich nicht nachweisen. Eine Computer-Verschlüsselung war jedenfalls
    zuviel
    für die Soko und daher – vermutlich ein Verbrechen.


    Wenige Worte zum Personal des Tierschutzverfolgungsprozesses, ich
    nenne
    ihn „Prozessoid“:


    9. Richterin


    Im Innsbrucker HP übernahm der Inquisitor die Rolle des Anklägers und
    des
    Richters (vgl. Ammann, 66 und pass.).


    Wer die Protokolle des Wr. Neustädter Prozessoids liest, kann leicht
    den
    Eindruck gewinnen, dass es hier die längste Zeit umgekehrt war: Zwei
    Personen, Richterin und StA, übernahmen die Anklage. Die Richterin
    wirkte
    von Anfang an unheimlich voreingenommen. Ihre Prozessführung ist
    inzwischen wissenschaftlich genugsam ausgeleuchtet und medial
    bloßgestellt
    worden. Es war nach zahllosen Verhandlungstagen so erleichternd zu
    hören,
    dass endlich der Verteidiger Dr. Bernd Haberditzl sie
    unmissverständlich
    „charakterisierte“: ermahnt, mehr Respekt zu zeigen, meinte er
    sinngemäß: „Vor Ihrem Amt habe ich hohe Achtung, bezüglich Ihrer
    Amtsführung habe ich meine eigene Meinung.“ (Was seine „eigene
    Meinung“ ist, hat mir Dr. Haberditzl übrigens im persönlichen
    Gespräch mitgeteilt…).


    Ich halte der Richterin zugute, dass sie die Größe hatte, ihre
    felsenfeste Meinung irgendwann unter dem Druck der Fakten zu revidieren
    – die wahren Fakten, die aber nicht sie an den Tag brachte, wie es
    ihre Funktion erwarten ließe, sondern die Angeklagten selbst mussten
    sich
    bekanntlich freibeweisen!


    10. Staatsanwalt


    Beim Staatsanwalt zeitigten selbst Fakten keine Wirkung. Sein Name ist
    Handler! – ohne Umlaut, einfaches -a-, einfach wie handeln, engl.
    merchandise ‚kaufen / verkaufen‘.


    Er schwieg häufig einfach, vielleicht, weil er das politisch gesteuerte
    prozessoide Spektakel für einen Selbstläufer hielt. Wahrscheinlicher
    gilt
    aber hier das Wittgenstein-Zitat: „Die Grenzen meiner Sprache
    bedeuten die Grenzen meiner Welt“. (Tract.log.-phil. 5.6).


    Wir, die wir den Skandal-Prozess verfolgt und das Buch von Balluch
    gelesen
    haben, wissen alle, was von Handler zu halten ist. Er selbst teilte
    mit, er
    habe gegoogelt und ein Zitat gefunden: „Wer straflos delinquiren
    will, muss sich zur Institution ausgestalten“ (nach Balluch, 247).
    Wen hat er da gemeint? Die katholiche Kirche, die als Institution die
    Hexen
    verfolgte, oder hatte er modernere Institutionen im Kopf?


    Am Anfang und am Ende des Prozessoids hielt er eine vor Pathos
    triefende
    Rede, in deren Zusammenhang mir die Beurteilung des
    „Hexenhammers“ durch die Forschung einfiel: „so
    barbarisch an Sprache wie an Gesinnung, spitzfindig und unverständlich
    in
    der Argumentation, originell nur in der Feierlichkeit, mit der die
    abgeschmacktesten Märchen als historische Belege vorgetragen werden“
    (Soldan–Heppe I, 257).

  • Der Ibker Hexenrichter empfiehlt (dem Bischof), der Richter sollte alle
    Berufungen, Verzögerungen und Hinhaltungen zurückweisen, einfach und
    ohne
    viel Lärm von Advokaten und Gerichten vorangehen, denn das sei in
    Glaubenssachen das Förderlichste (prout in negociis fidei plurimum
    expedit, Ammann, 43). Einen gerichtlichen Stellvertreter (procurator)
    könne man nicht verweigern. Dieser müsse aber vorher vom directorium
    inquisicionis als Glaubenseiferer (fidei zelator) anerkannt sein
    (ebda). Im
    „Hexenhammer“ wurde auf die völlige Ausschaltung der
    Verteidigung hingearbeitet, durchgesetzt wurde dies erst später (um
    1634)
    von dem Kölner Hexenkommissär Heinrich Schultheiß (Hammes 56).


    Die leidvollen Erfahrungen der Angeklagten und VerteidigerInnen im
    TS-VP
    muss ich hier nicht im Detail aufzählen. Die skandalösen,
    menschenrechtswidrigen Praktiken dieses Prozessoids sind inzwischen
    sattsam
    erforscht und bekannt.


    Anwältin Alexia Stuefer: “Ich stelle den Antrag, meinen Mandanten
    ausreden zu lassen.” Arleth mehrfach in Richtung Angeklagte /
    Verteidiger: “Halten Sie jetzt den Mund! Sie sind nicht dran.”


    12. Belastungszeugen


    Laut “Hexenhammer” “ist der Schandfleck des Verbrechens
    [der Hexerei] so groß, dass zu dessen Verhandlung auch jedewede
    Verbrecher
    und auch Infame gegen jedweden zugelassen werden” (Hammes 108). Wenn
    auch dem Hexenrichter Institoris kaum Zweifel an den haarsträubenden
    Angaben der Zeugen kommen, so muss ich ihn doch vor einem Vergleich mit
    W.
    Handler in Schutz nehmen. Einmal gibt der sonst leichtgläubige
    Dämonologe
    nämlich tatsächlich zu Protokoll: “Ich wais nit, ob zw glauben
    ist” dem Maulartzit (“Maularzt”, ‘Zahnarzt’),
    der behaupte, eine Hexe (die alte Scharerin) habe ihm die Gattin zw dem
    dot
    verzaubert. Der Maularzt klage, er habe einen diesbezüglichen Traum
    gehabt. (Ammann, 11).


    Solche Zweifel scheinen Handler nicht zu plagen, wenn zwar nicht ein
    Maul-,
    aber ein Tierarzt – namens Dr. Franz-Joseph Plank – seine
    Halluzinationen und Wahnvorstellungen über einen Angeklagten zum Besten
    gibt. Und just diesen Dr. Plank, der seit Jahren ein
    Geheim-falsch-informant der Soko gewesen war – ein würdiger
    “amikaler” Komplize! –, handelte Handler als den
    “Belastungs-kron-zeugen” gegen Martin Balluch. Vor Gericht
    wurden dem Dr. Plank detailliert Lügen und Meineid nachgewiesen. Sein
    “deal mit Handler” – Straffreiheit gegen whistleblowing
    – flog erst gegen Ende des Prozesses auf. (Balluch, 205–211).
    Aber wie sagt der Hexenkommissär Schultheiß (1634): Es “werden auch
    verleumbdte [‘in schlechtem Ruf stehende’] Personen, des
    erschröcklichen Lasters und des beschwerlichen Beweises halber zu
    Zeugen
    aufgenommen” (Hammes 111).


    Der skrupellose Hexenrichter empfiehlt die “peinliche
    Befragung”, also Folterverhör, um weitere Hexen überführen zu
    können. Ein Töpfer etwa schien ihm ein vielversprechender Denunziant zu
    sein, wenn er unter Folter befragt würde (Ammann 54f.; 64).


    13. Unterschlagung von Entlastungszeugen


    Der Ibker Hexenrichter dekretiert, dass die Namen von Zeugen nicht
    bekanntgegeben werden dürfen. Jeder konnte also am Inquisitionsgericht
    Beschuldigungen deponieren, ohne mit den Inkulpaten konfrontiert zu
    werden.
    Stolz notiert Institoris, dass über hundert Männer gegen die
    Gefangenen,
    besonders die Scheuberin Anschuldigungen erhoben hätten (Ammann, 42).
    Keine einzige Notiz weist die Aufnahme von entlastenden Elementen aus.
    Es
    ist keine Frage, dass für das Gericht auf diese Weise am ehesten
    gewährleistet war, dass der Prozess „simpliciter“ und
    „ohne Advokatenlärm“ („absque advocatorum et iudiciorum
    strepitu“, ebda 43) durchgezogen werden konnte.


    Wie sehr erinnert das doch an die „massive Beschränkung, die
    konsequente Verweigerung [auf Akteneinsicht] über einen mehrjährigen
    Zeitraum“, die menschenrechtliche Verletzung des Informationsrechts
    der Beschuldigten (Balluch 149–154). Ja, wie einfach hätte man den
    Prozess in Wr. Neustadt durchziehen können, wären nicht diese verdeckte
    Ermittlerin und diese sog. Vertrauensperson aufgeflogen.

  • Wie sich für die Approbation des „Hexenhammers“
    „Wissenschaftler“ hergaben (das Notariat der Universität zu
    Köln), so fanden sich auch für das Prozessoid (Pseudo-)Wissenschaftler
    wie der berüchtigte, selbsternannte Linguist Dr. Schweiger. Diesen
    Pseudo-Linguisten, eine Verhönung der Wissenschaft und eine Schande für
    die ganze Lehrerzunft, nahm die SoKo in Sold, nachdem er sich als
    Nicht-Tierfreund geoutet hatte. Oder Universitätsprofessoren wie Klaus
    Hackländer (Boku Wien) und Josef Troxler (VetMed Wien), die sich nicht
    entblödeten, die Befreiung von Nerzen oder Schweinen als Tierquälerei
    zu
    qualifizieren (vgl. Balluch, 221–232) und sich damit zum Gespött der
    scientific community zu machen. Und ich frage mich, ob sich das
    Rektorat
    der Uni Wien (Georg Winckler) je bei M. Balluch dafür entschuldigt hat,
    dass es ihn 2005 in mitläuferischer Willfährigkeit zur persona non
    grata,
    weil „Sicherheitsrisiko“, erklärt hat (Balluch 145).


    15. „Sympathisanten“


    Wer in der Zeit des Hexenwahns Umgang mit den Verdächtigten hatte,
    riskierte größte Unannehmlichkeiten oder selbst auf dem Scheiterhaufen
    zu
    landen. Wer deshalb Einwendungen gegen Folter und Hexenglaube äußerte,
    ließ seine Schriften meist anonym erscheinen (etwa Friedrich von Spee,
    „Cautio Criminalis“, Mai 1631). Der deutsche Pfarrer und
    Theologe Anton Praetorius (* 1560 in Lippstadt; † 6. Dezember 1613
    in Laudenbach an der Bergstraße; s.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Anton_Praetorius), der die Rechtsbrüche
    und
    Grausamkeit der Justiz seiner Zeit schonungslos und scharf anklagte und
    die
    Hexenrichter und Folterer drastisch als „mutwillige und öffentliche
    Totschläger und Blutrichter“ bezeichnete, büßte seinen mutigen
    Einsatz (1598) mit dem Verlust seines Amtes als fürstlicher Hofprediger.


    Er beschreibt nicht nur das Unrecht der Täter, sondern auch die
    Auswirkungen des damaligen Strafvollzugs auf die Opfer und beobachtet
    präzise seine psychischen und sozialen Folgen. Erschreckend genau ist
    seine auf eigener Anschauung beruhende Schilderung von den Gefängnissen
    der Hexen und ihren Qualen. Schon ihre gewaltsame Einkerkerung
    verursache
    bleibende seelische Schäden. Er fordert nicht nur die Abschaffung der
    Folter, sondern auch anständige Räumlichkeiten als Gefängnisse.


    Bedenkt man, dass in der Frühneuzeit mitunter ganze Sippen, Dörfer und
    Städte, in der Endphase selbst Richter den flächendeckenden Prozessen
    zum
    Opfer fielen (vgl. z.B. Hammes 87–91), so fällt sofort ein
    Äquivalent ins Auge: in einer zweiten Phase der Tierschutz-Hexenjagd
    sollten auch „SympathisantInnen“ und KritikerInnen des
    Prozessoids ausgerottet werden. Wenn es nämlich gelänge, den Begriff
    “Tierschutz” über die Gleichung „Aktionismus = Militanz
    = Kriminalität“ politisch umzudeuten zur „terroristischen
    Aktivität“ – wie im Spätmittelalter Hexerei zu Häresie
    – könnte das gesamte Umfeld einer schonungslosen Verfolgung
    ausgesetzt werden.


    Im Rahmen unserer traurigen Burleske war es also logisch, dass am 25.
    September 2009 eine Richterin, Mitglied des Unabhängigen
    Verwaltungssenats
    (UVS), von Beamten der Sonderkommission (Soko) Tierschutz in ihrer
    Wohnung
    überfallen und wegen des Verdachts von Amtsmissbrauch einvernommen
    wurde.
    Sie hatte im Zusammenhang mit der Berufung in einem
    Verwaltungsstrafverfahren gegen einen Tierschützer eine Tat als nicht
    bewiesen angesehen und den Strafbescheid aufgehoben.


    Es entsprach natürlich auch dieser obszönen Logik, dass etwa die Linzer
    Rechtsprofessorin Petra Velten, die den Prozess beobachtet und Kritik
    am
    Ablauf des prozessoiden Spektakels geübt hatte, massiv bedroht wurde.

  • Drei der Angeklagten waren laut Institoris auf jeden Fall ohne Gnade
    hinzurichten. Über sieben Hexen sollte schließlich das Endurteil
    gesprochen werden. Doch in der ersten Gerichtssitzung kam es anders,
    als es
    sich Institoris und seine Ordensbrüder vorgestellt hatten. Der
    großartig
    angelegte Inquisitionsprozess von Innsbruck scheiterte. Die angeklagten
    „Hexen“ fanden einen tapferen Verteidiger: Johann Merwais. Er
    wies die Fehler des „Prozesses“ nach, erhob eine
    Nullitätsbeschwerde gegen die gesamten Anklagen, plädierte für die
    Freilassung der Inkulpierten und – beantragte die Verhaftung des
    Hexenrichters. Bischof Golser verjagte ihn, er möge sich in sein
    Kloster
    zurückziehen, je schneller desto besser („ut a loco isto discedatis
    […] de quanto cicius tanto comodius“, Ammann, 84; vgl.
    Ziegeler, 88). Golsers Kritik an Institoris: “in practica sua
    apparuit fatuitas sua [‘Dummheit, Albernheit’], quia multa
    presuposuit, que non fuerunt probata” (‘da er vieles annahm,
    was nicht bewiesen war’; Ammann, 86; vgl. Ziegeler 86). Es seien
    genug “scandala” entstanden wegen seines schlimmen Prozesses
    (89).


    Der nach Ansicht des Bischofs „propter senium gantz chindisch“
    gewordene Bettelmönch strich aber noch wochenlang in der Gegend des
    Gerichtshofs herum und dachte wohl in Berufung zu gehen oder einen
    neuen
    Prozess aufzuziehen. „Mich verdreust des münchs gar vast im bistumb,
    […] ipse realiter mihi delirare videtur“ – ‚denn
    mir scheint, er ist verrückt‘ (Ammann, 85f.).


    Parallelen???


    17. Karrieresprünge


    Ein besonders widerliches Kapitel! Da im Innsbrucker HP letzte
    Entscheidungen mit vom Brixner Bischof abhängig sind, empfiehlt
    Institoris
    diesem schärfstes Vorgehen, das werde ihm beim apostolischen Stuhl
    vermehrten Ruhm und Verdienste einbringen (unde vobis gloria et meritum
    accrescat, Ammann, 42). Besonders scharfe Hexenrichter hatten eine
    besonders glänzende Karriere.


    Parallelen???


    Wenn Ihnen sonst nichts einfällt, denken Sie an Zwettler oder
    Handler…


    18. Wirtschaftliche Interessen im Hintergrund:


    Angesichts der „Misswirtschaft im Lande“: Gewissenlose
    Hofschranzen Erzherzog Sigmunds „benützte[n] die Sendung des
    Inquisitors als willkommenen Deckmantel, um missliebige
    Persönlichkeiten
    bei Seite zu schaffen“. Man hört dies auch aus den Aufzeichnungen
    des Inquisitors heraus, der bei einer seiner „Paradehexen“
    (vgl. Ammann, 64) vermerkt, sie sei in Stadt und Land besonders bei den
    Adeligen und Mächtigen verschrien (suspecta, diffamata […]
    presertim aput nobiles et potentes).


    Die Frage Cui bono? Stellt sich auch beim Prozessoid. Die ökonomischen
    Hintergründe, die Konflikte mit der ÖVP und den von dieser Partei
    vertretenen Interessensgruppen – von Tierfabriken über
    Singvogelfänger bis zu Jagdvereinen, Interessensgruppen also, deren
    herausragendes gemeinsames Merkmal die geistige oder körperliche Nähe
    zu
    einem vielbeschreiten Waffendealer ist, sind in M. Balluchs neuer
    Publikation (2011, 154–158) sattsam ausgeleuchtet und im neuen Film
    abstoßend illustriert. Die seinerzeitige Justizministerin, jene famose
    Dame „neben der Spur“, hat es schön charakterisiert: Der §
    278a habe Österreich zwar nicht sicherer gemacht, aber er habe seinen
    Sinn
    und seinen Zweck… – sapienti sat!


    19. Menschen mit (eigenem) Charakter gegen intellektuelle Mediokrität


    Die mutige Helena Scheuberin, die frei bekannte, von der Luftverpestung
    des
    Hexenpredigers nichts zu halten, die sich gegen öffentliche Verbreitung
    des Hexenwahns zur Wehr setzte, war auf der Abschussliste des
    Inquisitors
    erstgereiht: Sechs Artikel brachte er gegen sie zusammen, deretwegen
    sie
    gefoltert und dem weltlichen Arm übergeben werden sollte (Ammann
    32–43).


    Die Geschichte der Hexenverfolgung zeigt, dass sie häufig Menschen mit
    (eigenem) Charakter und Überzeugung betraf: sei es die eingangs
    genannte
    Kräuterfrau von Bromberg, der Lauterfresser von Tirol, die Bachlerin
    von
    Sarntal, Turm Urban in Sillian („lasterhafter Bub“), das
    Pfeifer Huisile von Ratschings…


    Im Prozessoid standen Menschen mit Überzeugung zur Disposition,
    „unruhige Landsleute“ (Beatrice von Matt [Hg.]: Schweizer
    Erzähler zwischen Keller und Frisch. Ein Lesebuch. Zürich/München
    1980).
    Und zu Recht erinnert Balluch (2011, 253) an einen Ausspruch Friedrich
    Adlers von 1917: „Österreich ist ein Staat, in dem man stets
    Verachtung für die Überzeugung des Menschen hatte…!“ Daher
    der glühende Hass von feudalen Opportunisten, autoritätsgläubigen
    Bütteln und subalternen „Ministerialen“ auf missliebige
    Personen wie TierschützerInnen.

  • Nach dem Freispruch für alle Angeklagten im Ibker HP blieb die Frage,
    wer
    die Kosten für den Monsterprozess zu übernehmen habe, ungelöst.
    Erzherzog Sigismund übernahm die Summe und beschenkte noch zudem den
    Hexenrichter reichlich (Ammann, 71; 76). Wer die
    „Freigebigkeit“ dieses zwielichtigen, abergläubischen
    Habsburgers damit letztlich zu bezahlen hatte, kann man sich leicht
    ausmalen.


    Und wer übernimmt die Kosten von Wr. Neustadt? Na, wer schon? Die
    SteuerzahlerInnen.


    21. Gegenstrafanzeige und die KStA


    Wie hätten sich Hexen gegen die Unterstellung von Zauberei und Häresie
    zur Wehr setzen sollen? Wie können sich BürgerInnen gegen beliebige in
    einen sog. „hoheitlichen Akt“ verpackte wildeste Verleumdungen
    und exorbitant üble Nachrede wehren? Wie etwa kann sich der Tierschutz
    dagegen wehren, von einem renitenten Bundesamt für Verfassungsschutz
    und
    Terrorismusbekämpfung (BVT) jetzt, heute (im jüngsten Bericht),
    weiterhin
    als „militant“ verschrien zu werden, wo doch die
    Tierschutz-Organisationen in allen Punkten ihre Unschuld bewiesen
    haben?
    Wie viel Vertrauen soll die Zivilgemeinschaft noch in ein BVT haben, wo
    nach dem Eindruck eines Insiders „zum Teil Leute sitzen, die
    sympathisierende Kontakte zu rechtsextremem Gedankengut
    haben"(http://derstandard.at/13191834…ssungsschutz-Alles-unter-
    Kontrolle
    – 23. November 2011)? Wenn [Causa Alpen-Donau] Betreiber einer
    Neonazi-Seite (die als zentrale Propagandaplattform der rechtsextremen
    Szene in Österreich galt), zwei Jahre lang ihr Unwesen treiben,
    ungehindert Juden, Andersdenkende und Schwule diffamieren, deren
    Wohnadressen veröffentlichen konnten. Wo dann aber jemand, „der
    gegen rechtsextreme Umtriebe aktiv wird und ermittelt [Beispiel Uwe
    Sailer], „plötzlich selbst ins Visier von mächtigen Gegnern
    [gerät]“ und suspendiert wird?


    Und die jeweiligen Justizministerinnen warnen, zuletzt Beatrix Karl
    (TT,
    3.12.2011, Nr. 333, S. 5): „Da rütteln Leute an der
    rechtsstaatlichen Säule unserer Demokratie.“ Wer sind diese Leute?
    Zur Justiz und zu ihrer Verwahrlosung Stellung zu nehmen gibt es
    Kompetentere. Aber jeder Laie kann die Aktionen der Sonderkommission,
    die
    hier im Einsatz war, sehen; wir können es nachlesen:
    Freiheitsentziehung,
    falsche Beweisaussage, Urkundenunterdrückung, Missbrauch der
    Amtsgewalt.
    Man könnte ihre Tricks und Lügen, Verdrehungen und Unterstellungen
    einfach als schmutzig bezeichnen. Aber es ist schlimmer, weil damit
    Unschuldige ruiniert, hinter Gitter gebracht werden sollten! Die
    Strafanzeige dagegen war notwendig, damit Polizei und Justiz nicht wie
    in
    Diktaturen zur Landplage werden.


    Johann Merwais hat die Verhaftung des Hexenrichters beantragt, und
    dieser
    wurde auch wirklich verjagt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA)
    hat
    die Verfahren gegen Soko-Leiter MR Mag. Erich Zwettler, operativen
    Leiter
    Oleutnant Josef Böck, Chefinspektorin Bettina Bogner, Herbert Landauf
    umgehend eingestellt (07. September 2011 15:38). Ich frage mich, wie
    eine
    Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft entscheiden würde. Wie soll man sich
    des Eindrucks erwehren, den Martin Balluch (2011, 251) konzis so
    formuliert: Österreich ist ein unfassbar korrupter Staat!“. Und der
    angesehene Journalist Christian Rainer (profil 26.9.2011, S. 15) nennt
    unser Land eine „Skandalrepublik“. Tatsächlich haben
    sicherlich auch Sie schon längst – wie ich – den Überblick
    verloren: Im Herbst sprach der „Falter“ (40 /7.-13. Okt. 2011)
    von 35 größeren Skandalen – wobei („Falter“!) der
    Tierschutzverfolgungsskandal gar nicht beachtet ist. Dazu passt, dass
    Transparency-International („Die Korruption in Österreich nimmt
    zu“, http://derstandard.at/1322531573424/ – 1.12.2011)
    Österreich, was die Korruption betrifft, unter demokratisch hoch
    entwickelten Industriestaaten im "schlechten Mittelfeld" reiht –
    immerhin sind Somalia und Nordkorea weitaus korrupter. Durch
    jahrzehntelange Korruption würden die Volkswirtschaften selbst und der
    Glaube an die öffentlichen Institutionen untergraben, erläuterte
    TI-Geschäftsführer Cobus de Swardt.

  • Wie lange befanden wir uns in diesem beklemmenden Zustand zwischen
    Fiktion
    und Realität, zwischen „Hexenhammer“ und Kafka! Es war, um bei
    der historischen Parallele zu bleiben, die Stimmung am Abend eines
    Hexenprozesses. Auch wenn 1485 das Überwachungsinstrumentarium kaum
    ausgeprägt war, so hatten die Aktivitäten des Inquisitors in Innsbruck
    deutlich angstauslösende Wirkung. Es ist die Stunde der Denunzianten,
    in
    der bürgerliches Zusammenleben gefährdet ist und die
    Rechtsstaatlichkeit
    auf dem Spiel steht. Wo der Wunsch als Verwünschung und diese als
    Verbrechen gewertet wird, wo normale Vereinsarbeit als Schadensplanung
    kriminalisiert wird, mutieren Zusammenkünfte in der
    inquisitorisch-paranoiden Phantasie zum Hexensabbath. Wo das
    personifizierte Böse zum einzigen Deutungsparadigma erhoben wird, wird
    das
    im Schlafzimmer erlauschte Gespräch – die Missachtung primitivster
    bürgerlicher Grundrechte ist schockierend! – und das absurdeste
    Gerücht zur kriminalistischen Fußangel.


    23. Die historisch-politische Dimension


    Der ganze ungeheure Skandal ist nämlich meines Erachtens in einem
    größeren Rahmen zu sehen. Dem Hexenwahn fielen Millionen Menschen zum
    Opfer, weil man religiösen Fundamentalisten die Jurisdiktion übertrug.
    Und genauso gerät heute die Zivilgesellschaft in Gefahr, wenn sie
    bereit
    ist, „sich einer von hysterischen Spießern formulierten
    Security-Agenda zu unterwerfen“ (Peter Sloterdijk, profil 52, 40.
    Jg., 2009, S. 62). Der Wiener Neustädter Monsterprozess sollte zum
    Laboratorium einer mastodontisch angelegten Aktion werden. Der § 278a
    sollte die Hexenbulle bereitstellen, und das Prozessoid sollte
    musterprozesshaft den „Malleus maleficarum“, den
    „Hexenhammer“ für die Verfolgung weiterer unliebsamer
    Personengruppen bilden! Die Begriffe des „Ketzers“ und der
    „Hexe“ werden durch den Begriff „Terrorist“
    ersetzt. Die vorgebliche Gefährlichkeit der Terroristen macht eine
    breitflächige Verfolgung ebenso notwendig wie die der Ketzer. Die
    Tierschutz-Causa war und ist ein konstituierendes Element eines
    kleptokratischen Systems, ein immenses Ablenkungsmanöver des
    blau-khol-schwarzen „Schüsselei-Interregnums“, wo
    Geistesgiganten vom Format eines Gendarms aus den Tiroler Gebirgstälern
    im
    Innenministerium hantierten, des Systems der schwarz-blauen
    Abzock-Periode,
    das von Anfang an das Image unseres Landes international beschädigt und
    all die Typen in politische Positionen gebracht hat, mit denen sich
    noch
    über viele Jahre hin die Gerichte zu befassen haben werden!


    24. Folter


    Über die Folter als konstituierendes Element der Hexenprozesse brauchen
    wir uns nicht unterhalten. Sie brach alle. Nun mögen einige behaupten,
    beim Tierschutzverfolgungsskandal sei nicht gefoltert worden. Fragen
    Sie
    die Angeklagten! Fragen Sie sie, wie es ist, in der Nacht überfallen zu
    werden, eventuell vor kleinen Kindern; was es bedeutet, unschuldig im
    Gefängnis zu sitzen, einen Tag, eine Woche, 3½ Monate. Fragen Sie einen
    Chris Moser, was es bedeutet, über ein Jahr, mehrmals die Woche, eine
    Familie mit drei Kleinkindern zu verlassen und zu einem qualvoll
    sinnlosen
    „Prozess“ jeweils sechs Stunden hin und sechs Stunden zurück
    zu fahren? Die Traumata der Kinder, die in der Nacht aufschrecken und
    schreien, bis heute und wahrscheinlich noch Jahre später?


    Ja, es war Folter! Es war bewusste, geplante Folter – Misshandlung
    von unschuldigen Menschen! Das ist unser Zorn, und wir möchten die
    Verantwortlichen vor Gericht sehen! – den Hexenrichter, der sich
    rühmte, zweihundert Hexen auf den Scheiterhaufen gebracht zu haben,
    können wir nicht mehr belangen.


    25. Ausblick: Hall of Fame – Hall of Shame


    Das Martyrium der Hexen war – es ist fast zynisch zu sagen –
    nicht vergebens: Es folgte ein bedeutender zivilisatorischer Schub: die
    Aufklärung. Ihr, die ihr den österreichischen
    Tierschutzverfolgungsskandal überlebt habt, euer Martyrium war nicht
    umsonst. Ohne Pathos stelle ich fest, was ich am Anfang des Prozessoids
    gesagt habe:


    "Der globale Kampf für den Tierschutz ist langfristig erfolgreicher als
    der Kampf der österreichischen Justiz gegen die
    Tierschutzorganisationen."


    Und noch eines: IHR SEID DIE HELDEN! Wir danken euch, wir verneigen uns
    vor
    euch! Eure Namen werden eingetragen bleiben in der Hall of Fame,
    während
    eure erbitterten Gegner mitsamt dem dazugehörigen Heer von Spitzeln,
    Denunzianten und Dunkelmännern sowie deren Auftraggebern, im
    glücklichsten Fall in den petitgedruckten Fußnoten der Geschichte
    verschwinden, so wie die Hexenrichter, in der Hall of Shame. Dort
    gehören
    sie hin!


    — danke! -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Gesendet: Montag,
    2. April 2012 15:59Betreff: Kleine Anfrage der Linken zum "Umwelt-und
    Tierrechtsextremismus", Anlage Antwort Bundesregierung


    Wer sich die Zeit nimmt und die Anlage genau durchliest,
    wird eine Textstelle finden, die besagt, daß bei einem Treffen
    von verschiedenen Polizeibehörden, Staatsschutz, Interpol etc.
    35 Vertreter "anderer Gruppen" zugegen waren.
    Liest man weiter, stellt sich heraus, daß es Pharma-Lobbyisten
    (Tierversuche!!!) und ähnliches Tierquälerpack waren.
    Diese 35 Vertreter der Tiermörderszene geiferten darum, wer aktive
    Tierschützer am besten zu Gewaltverbrechern machen konnte.


    Man frage sich einmal in aller Ruhe: ist das wirklich wahr, daß
    Tierquäler und -mörder eine Plattform erhalten und daß Tierschützer,
    die dafür kämpfen, daß Tierquälereien eingedämmt werden,
    kriminalisiert
    werden?
    Tragisch verkehrte Welt!

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