Frohe Weihnachten

  • Eine Weihnachtsgeschichte
    von Renate Willer (2008)


    Heiligabend in einer kleinen Stadt. Es war schon spät, die Straßen waren menschenleer, die Geschäfte geschlossen. Leise fielen Schneeflocken vom Himmel, wie kleine Sterne. Auf einer Bank am Rande eines Parks saß eine kleine Gestalt – beim näheren Hinsehen sah man, es waren zwei. Ein altes Mütterchen in einem abgetragenen Mantel, die Hände im Schoß gefaltet blickte auf einen großen, bunt geschmückten Weihnachtsbaum, der mit vielen Kerzen die Heilige Nacht erleuchtete. Neben ihr saß ein kleiner zitternder Hund, unter welchen sie liebevoll ihren Schal gebreitet hatte. Sein Köpfchen lag auf ihrem Knie. Ab und zu streichelte sie zärtlich über sein Körperchen und sprach etwas zu ihm. Es war eine anrührende und gleichfalls traurige Szenerie.
    3 Straßen weiter, in einer weißen Villa lief ein genervter Mann durch das wundervoll geschmückte Wohnzimmer und hörte auf das Geschrei seines Sohnes, welches ihn daran erinnerte, dass er vergessen hatte, ihm seinen Wunsch, ihm zu Weihnachten einen Hund zu schenken, zu erfüllen. Die Vorwürfe seiner Frau brachten ihn völlig aus dem Gleichgewicht und, um einem unvermeidbaren großen Streit aus dem Weg zu gehen, lief er hinaus, stieg in sein teures Auto und fuhr wahllos durch die Gegend.


    Dann sah er sie plötzlich, die beiden kleinen Gestalten -mehr aber wohl den Hund und ihm kam eine Idee, wie er vielleicht das drohende Unheil zuhause abwenden konnte. Er parkte seinen Wagen und ging mit siegessicheren Schritten auf sie zu. Das Mütterchen schreckte zusammen als er zu ihr sagte „ Was möchten sie für den Elendswurm haben – ich glaube, sie können Geld gut gebrauchen. In die kleine Gestalt kam augenblicklich Leben. Sie nahm ihren kleinen Begleiter von der Bank hoch und drückte ihn fest an ihre Brust. „Mein Herr, dieses kleine Wesen ist alles was ich habe. Es hat mich durch alle Höhen und Tiefen der letzten Jahre begleitet – es ist meine letzte Liebe. Ich habe nur wenig, aber das wenige was ich habe reicht für uns beide. Aber ich habe unendlich viel – ich habe seine bedingungslose Liebe und das grenzenlose Glück, ihn zu besitzen. Es ist schon alt, genau wie ich, es kann nicht mehr richtig sehen, genau wie ich, unserer beider Schritte sind langsamer geworden -aber wir gehen sie stets gemeinsam. Wir haben uns noch und das ist Glück! Mein Herr, sehen sie dort oben die Sterne, sehen sie die kleinen Engel, die dahinter hervorschauen? Sie strahlen auch für uns beide und die Engelchen wachen über uns! Dort oben strahlen auch die Seelen meiner Lieben, die heimgegangen sind.
    Hätte sie in diesem Moment in die Augen des vornehmen Herrn gesehen, wäre ihr der feuchte Schimmer darin nicht entgangen. Etwas ging in ihm vor, was er sich selbst nicht erklären konnte.
    Alles, alles konnte er sich leisten – doch Liebe und Glück hatten kein Preisschild - er fand sie nicht in edlen Designerläden. Er liebte seine Frau und seinen Sohn, doch wann hatte er es ihnen zuletzt gesagt?
    Seine Stimme hatte einen weichen Klang als er sprach, sie möge doch mit ihrem kleinen Hund zusammen mit seiner Familie Weihnachten feiern


    Ihren kleinen Liebling nicht aus den Armen lassend, stieg sie in den teuren Wagen.


    Fassungslos starrten seine Frau und sein Sohn auf die Drei, als sie das Zimmer betraten. Das alte Mütterchen setzte sich auf den ihr angebotenen Stuhl und faltete wieder ihre Hände im Schoß. Sie konnte es nicht begreifen, was da geschah. Sie bedankte sich für das ihr gereichte Essen. Der Sohn saß neben dem kleinen Hund und streichelte über sein borstiges Fellchen – auch ihm war Futter und Wasser hingestellt worden. Sein kleines Schwänzchen wedelte vor Freude


    Dann plötzlich stand der vornehme Herr auf, nahm die abgearbeiteten, von Runzeln überzogenen Hände des Mütterchens in seine, blickte in ihre gütigen Augen und bedankte sich bei ihr für das schönste Weihnachtsgeschenk, was ihm durch sie gemacht worden ist.


    Alles Geld der Welt ist nichts gegen die „Liebe“ Er werde sein Leben neu durchdenken und auch sie und ihr kleiner Hund werden darin fortan einen festen Platz haben.


    Das Mütterchen, mit ihrem kleinen Hund auf dem Arm, der feine Herr mit Frau und Sohn, standen noch lange zusammen am Fenster und schauten zu den blinkenden Sternen und den dahinter hervorschauenden Engeln. Was sie wohl denken mochten?

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